Digitale Barrierefreiheit Teil 6: A11Y trifft Financial Services    

Der European Accessibility Act (EAA) wird in Deutschland durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt. Dieses Gesetz verpflichtet auch Finanzdienstleistungsunternehmen dazu, ihre Produkte und Services bis Juni 2025 digital barrierefrei zugänglich zu machen.

Die Herausforderungen, die sich Finanzdienstleistern hinsichtlich der Bereitstellung digital barrierefreier Angebote stellen, unterscheiden sich größtenteils nicht von denen die Unternehmen anderer Branchen betreffen. Allerdings gibt es einige Besonderheiten, die beachtet werden sollten.

Einfache Zugänge

Finanzprodukte sind häufig kompliziert und erklärungsbedürftig. Umso wichtiger ist es, dass Informationen zu diesen Produkten in leicht verständlicher Sprache angeboten werden. Zudem sollten Finanz-Webseiten und Finanz-Apps jederzeit einfach zu bedienen sein, damit allen Menschen ein barrierefreier und schneller Zugang zu den Inhalten ermöglicht wird.

Wichtige Funktionalitäten, wie z.B. Transaktionen, sollten für alle Nutzerinnen und Nutzer besonders leicht zugänglich und nutzbar sein. Denn: Online die Bankgeschäfte zu erledigen, gehört mittlerweile zu unser aller Alltag. Die Möglichkeit, Zahlungen und andere Transaktionen online auszuführen, sollte dementsprechend für alle Menschen problemlos möglich sein – egal ob sie Screenreader, Tastatur oder andere Hilfsmittel benutzen.

Barrierefreie Sicherheitsmaßnahmen

Im Rahmen der Payment Services Directive 2 (PSD2) und der bevorstehenden PSD3 müssen Authentifizierungsverfahren wie die starke Kundenauthentifizierung (SCA) für alle Menschen zugänglich sein, das schließt Menschen mit Beeinträchtigungen selbstverständlich mit ein.

Sicherheitsverfahren wie Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) müssen für alle Menschen bedienbar sein. Damit das gelingt, sollten neben visuellen CAPTCHAs auch Audio-CAPTCHAs oder andere barrierefreie Methoden, wie z.B. logikbasierte Fragen zur Authentifizierung angeboten werden.

Auch die Überprüfung der Identität sollte für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen einfach zugänglich sein, ohne dass die Sicherheit darunter leidet. Die Verwendung biometrischer Daten wie Fingerabdruck-, Gesichts- oder Stimmerkennung können barrierefreie Alternativen zu textbasierten Passwörtern sein.

Alternativen zu visuellen Inhalten

Komplexe Finanzinformationen werden oft in Form erklärender Grafiken dargestellt. Bei der Erstellung dieser Inhalte ist darauf zu achten, dass es als Alternative einfache auslesbare Textbeschreibungen zu diesen Grafiken gibt – so können beispielsweise auch Menschen mit Sehbehinderungen die abgebildeten Informationen leicht verstehen.

Wie für alle anderen Unternehmen gilt auch für die digitalen Kanäle der Finanzdienstleister – sie sollten Screenreader und andere Hilfsmittel unterstützen, damit alle Inhalte leicht abrufbar sind.

Ein für alle erreichbarer Service

Für die meisten Finanzdienstleister ist guter Service an der Kundenschnittstelle essenziell – er unterstützt die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind und ist ein entscheidender Faktor für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Damit die Serviceleistungen für alle erreichbar sind, sollte der Service über verschiedene Wege zugänglich sein, z.B. über Live-Chat, Telefon oder E-Mail.

Wichtig ist dabei, dass auf die Bedürfnisse beeinträchtigter Menschen eingegangen wird. Für gehörlose oder schwerhörige Menschen könnte z.B. im Video-Chat Unterstützung per Gebärdensprache oder Video-Chat mit Live-Untertiteln angeboten werden.

Ständige Verbesserung und Nutzerfeedback

Wie in allen anderen Branchen sollten auch die digitalen Angebote der Finanzdienstleister regelmäßig auf Barrierefreiheit geprüft und verbessert werden. So kann auf Dauer sichergestellt werden, dass die Angebote den Bedürfnissen aller Nutzerinnen und Nutzer entsprechen. Ein Prozess zur Einholung des Nutzerfeedbacks von Menschen mit Beeinträchtigungen kann dabei helfen, bestehende Barrieren rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen.

Fazit

Finanzdienstleister haben eine wichtige Verantwortung: Ihre Produkte und Services sind oft entscheidend für ein selbstbestimmtes Leben. Auch wenn die Inhalte manchmal nicht ganz so einfach zu verstehen sind und die Angebote sehr sicher sein müssen, sollten alle Menschen, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, diese Angebote einfach nutzen können. Ein barrierefreier Zugang ist für alle von Vorteil – je einfacher digitale Produkte und Services zu nutzen sind, desto erfolgreicher werden sie sein.

Mit dem sechsten Teil endet die Blogserie zum Thema Barrierefreiheit. Dabei wurde verdeutlicht, wie essenziell es ist, Angebote zu gestalten, die für alle Menschen zugänglich sind – unabhängig von möglichen Beeinträchtigungen. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass Barrierefreiheit kein einmaliger Schritt ist, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der ständiges Engagement und fortlaufende Optimierungen erfordert. Bei konsequenter Umsetzung profitieren letztlich alle Beteiligten.

„Barrierefreiheit ist kein notwendiges Übel, im Gegenteil: Sie verbessert die User Experience digitaler Angebote und macht diese so für alle besser nutzbar – ganz unabhängig von individuellen Einschränkungen. Let’s do it!“

Marcus Goldemann, Ihr Ansprechpartner zum Thema Barrierefreiheit

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