European Payment Initiative: War’s das?

Wie geht es weiter mit der European Payment Initiative (EPI) in Europa? Hier gibt es viele Meinungen, anbei die der Syngenio AG Kollegen Florian Barthel, Principal Business Consultant und Portfolioverantwortlicher für Digital Payment, und Mark Spiessl, Principal Business Consultant und Produktowner für das Syngenio Platform Payment System.

Nach dem Ausstieg vieler wichtiger Bankpartner europaweit stellt sich die Frage, wie es mit der EPI weitergehen soll.

Aus der heutigen Presse (u.A. Handelsblatt) ist zu entnehmen, dass sich die Commerzbank als einer der führenden deutschen Teilnehmer zurückzieht. Darüber verdichten sich in der spanischen Presse die Hinweise auf den Rückzug faktisch aller Banken ausser der Santander. Damit würden insgesamt 16 Teilnehmer die EPI verlassen. Zum Einen kommt hier eine typische deutsche Strategie (zurückziehen und abwarten) zum Tragen, zum Anderen sind die Banken nach zwei Jahren Pandemie nicht gerade auf Rosen gebettet und scheuen das nicht ganz geringe Investment in die EPI. Mag sogar sein, dass die sich nun zurückziehenden Teilnehmer auch ein wenig pokern, frei nach dem Motto Hand aufhalten und schauen wir doch mal, was die Politik jetzt macht. Der Rückzug der Commerzbank zeigt ausserdem, dass die Deutsche Kreditwirtschaft hier eine gute Chance verpasst hat, geschlossen und stark aufzutreten. Man darf ja bei aller ebenfalls typisch deutscher Selbstkritik nicht vergessen – Deutschland ist nach wie vor das wirtschaftsstärkste und bevölkerungsreichste Land der EU. Somit hätte das Wort einer geschlossen auftretenden DK sicher ein starkes Gewicht auch auf politischer Ebene in der EU gehabt: Die Deutsche Liebe zum Föderalismus (oder, in diesem Fall, „Verbandismus“?) hat auch hier über Einheit gesiegt. 

Ist die EPI nun angesichts dieser Entwicklungen tot? – Wir denken nicht. Sie wackelt zwar stärker als zuvor, ist aber noch nicht tot.

Denn der politische Wille ist nach wie vor vorhanden. Auch die Argumente für ein europäisches Zahlungssystem bestehen weiterhin. MasterCard und VISA dominieren den kartengestützten Zahlungsverkehr in Europa nach wie vor – parallel versucht MasterCard zusätzlich, seine Dominanz durch die Abkündigung von Maestro zu verstärken. Der so intendierte Shift in Richtung Debit Mastercard (und somit nativer E-Commerce Fähigkeit) und ähnlicher Produkte gräbt an den nationalen Zahlungssystemen – So ist z.B. die deutsche Girocard nach wie vor nicht flächendeckend E-Commerce fähig.

Diese Lösungen der amerikanischen Schemes sind wirtschaftlich natürlich viel attraktiver für die Banken – schließlich haben viele von ihnen die Debit-Produkte der Schemes bereits im Programm, sei es als physische Karte oder als virtuelle Karte zum Bezahlen per Smartphone – auch wenn ein europaweites Scheme einige Vorteile bezgl. der Abwicklung von Intra-Transaktionen hätte.

Und somit ist auch die Infrastruktur für die Abwicklung der entsprechenden Transaktionen bereits flächendeckend vorhanden.  Bei all diesen Argumenten darf man nicht vergessen, dass die asiatischen Zahlungssysteme stark auf dem Vormarsch sind. AliPay ist bekanntlich bei Aldi schon angekommen…

Nun liegt der Ball also bei der Politik  – sowohl der deutschen (so wir uns noch in Führung in der EU sehen) – als auch bei der europäischen. Oder, um im Bild zu bleiben, die Flanke ist mit den Ankündigungen bereits getreten und der Ball ist rasant in der Luft. Nun entscheidet die Politik, ob sie ihn mit viel Risiko Volley in den Winkel jagt oder ob sie den Ball annimmt, versucht zu verarbeiten – aber so auch wieder den Zug zum Tor verliert. Es bleiben aus unser Sicht die folgenden Optionen:

  • Variante Volley oben links: Es wird ein Funding für die Investitionen geben, entweder als komplettfinanzierung der EU oder als Unterstützung für die Banken. Dass diese Variante funktionieren kann zeigt das Beispiel Airbus: wäre ein europäischer Flugzeugbau eine rein wirtschaftliche Entscheidung gewesen und keine politische, gäbe es heute kein Airbus.
  • Variante Volley brachial in die Mitte: Die EU agiert nach der Porter-Hypothese „strict environmental regulations can induce efficiency and encourage innovations that help improve commercial competitiveness” – Prof. Dr. Michael E. Porter, Harvard School of Economics und schreibt die Umsetzung (ggf. komplett ohne Finanzierung) mit der regulatorischen Brechstange vor (auch die „Basta-Methode“ genannt). 
  • Den Ball erstmal annehmen und versuchen zu behalten. Angesichts der Zweikampfstärke von MasterCard und VISA muss man sich dann aber nicht wundern, wenn man in einen Konter läuft und die Banken in Richtung der entsprechenden Debit-Produkte migrieren. Auch dann wäre das Spiel gelaufen, da sicherlich niemand eine zweite Migration des Kartenportfolios innerhalb weniger Jahre leisten möchte. Und erst hiermit wäre der Urgedanke von EPI, ein von USA unabhängiges innereuropäisches Zahlungssystem zu kreieren, am Ende.

Nun scheint es der Fall zu sein, dass (ohne große deutsche und spanische Beteiligung) die EPI ein Thema für die verbliebenden starken Franzosen und Italiener sein wird – was trotzdem durchaus möglich wäre, da die Franzosen auf dem europäischem Parket gerade führen. Und deren Willen, die Kosten alleine zu tragen, damit die deutschen und spanischen Konkurrenten „hintenrum“ auf den Zug später wieder aufspringen können, dürfte sich in engen Grenzen halten.

Der nächste Zug von der Politik steht und fällt mit der Frage, wie sehr die Franzosen und Italiener (und in Persona die Herren Macron und Draghi) dieses Thema zeitnah pushen möchten.

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