Blogbeitrag von Marina Emsing, seit 2018 bei SYNGENIO.
Wenn ich im privaten Bereich Smalltalk führe und das Thema Job aufkommt, erwähnt mein Gegenüber fast immer, wie unüblich es ist, dass ich in der IT-Branche arbeite, weil ich eine Frau bin. Dabei ist es egal, ob meine Gesprächspartner jung oder alt, Mann oder Frau sind oder aus welchem Kulturkreis sie stammen. Frauen in technischen Berufen scheinen immer noch für viele Menschen außergewöhnlich zu sein. Oft sprechen meine Mitmenschen mir dann ungefragt ihr Mitleid dafür aus, dass ich beruflich in vielen Situationen ausschließlich mit Männern zusammenarbeite. Auch werde ich gefragt, wie ich mich denn fühlte, so alleine als Frau.
Warum wird von Frauen erwartet, auf einer emotionalen Ebene zu argumentieren?
Fakt ist…
„Ich habe mir den Beraterberuf bewusst ausgesucht, weil ich interessanten Problemen nachgehen will. Weil mich die Technik interessiert. Weil ich Digitalisierung für extrem relevant für unsere Zukunft halte.“
Marina Emsing, IT-Consultant
In meinen Augen ist bereits die Frage ein Teil des Gleichberechtigungsproblems. Ich verstehe nicht, warum ich mich in diesem Beruf anders (besonderer? emanzipierter? weniger weiblich?) fühlen sollte, als wenn ich einen anderen Beruf gewählt hätte. Gleichberechtigung fängt an, wenn wir akzeptieren, dass jeder in Deutschland frei entscheiden kann, was er machen will.
Verwundert von den vielen Nachfragen habe ich das Ganze mal an meine männlichen Kollegen weitergegeben: „Wie fühlt ihr euch damit, mit mir (als Frau) zusammen zu arbeiten?“ und „was bedeutet es für euch, eine Frau im Team zu haben?“ – Die Antworten, für mich wenig überraschend, waren: Achselzucken, ein verschämtes „ich weiß nicht, wie soll ich mich denn da fühlen?“ und ein Lacher darüber, dass man sich noch nie darüber Gedanken gemacht habe – Reaktionen, die ich gut nachvollziehen kann. Verstehen kann ich jedoch nicht, warum mir solche Fragen wie selbstverständlich im Smalltalk gestellt werden, mit dem Augenmerk auf mein Geschlecht. Ich finde es sollte nicht gefragt werden, wie ich mich als Frau fühle. Jeder einzelne sollte sich persönlich diese Frage, unabhängig jeglicher Merkmale, beantworten: Wie fühle ich mich als Teammitglied? In meinem Team habe ich jedenfalls nie den Eindruck gehabt wegen meines Geschlechtes weniger ernst genommen, bemitleidet oder belächelt zu werden.
Und doch gibt es eine Situation, die geschlechterspezifisch wirklich bemerkenswert in der IT ist: Frauen verdienen in Deutschland im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen 25 Prozent weniger laut einer Statista Studie von 2018. Das ist ein noch größerer Pay Gap als im generellen Bundesdurchschnitt über alle Branchen. Dort waren es im Jahr 2017 immerhin 21 Prozent. Bei solchen Zahlen fühle ich mich in der Tat merkwürdig, als Frau in der IT-Branche zu arbeiten.